Corona und die Lunge: Interview zu Corona und den Folgen für die Atemwege

Pneumologe Dr. med. Theodor Lison im Gespräch


Topnews
Pneumologe Dr. med. Theodor Lison stand der LokalPlus-Redaktion Rede und Antwort von Adam Fox
Pneumologe Dr. med. Theodor Lison stand der LokalPlus-Redaktion Rede und Antwort © Adam Fox

Olpe. Seit 14 Jahren leitet Dr. med. Theodor Lison, 56, in Olpe eine Praxis mit den Schwerpunkten Lungen- und Bronchialerkrankungen sowie Allergologie. Wie der Facharzt die derzeitige Lage sieht, erzählt er im Gespräch mit LokalPlus.


Sie haben 28 Jahre Berufserfahrung als Arzt. Die erste Frage geht zurück in die Zeit ihres Medizinstudiums. Während des Studiums lernt man ja viele Bereiche der Medizin kennen. Sie hätten auch Kardiologe oder Chirurg werden können. Was war damals der ausschlaggebende Grund dafür, dass Sie sich zu jener Zeit für ihren heutigen Schwerpunkt entschieden haben?

Den ersten Kontakt mit Lungenfunktionsmessungen habe ich im Physiologie Praktikum im Medizinstudium gehabt. Ich war davon beeindruckt, mit welch einfachen Methoden Funktionskurven von der Lunge aufgezeigt werden können.

Im weiteren Verlauf meines Studiums habe ich Prof. Dr. Ulmer, einen versierten Arzt und Hochschullehrer auf dem Gebiet der Lungenheilkunde, kennengelernt. Er hat mich im besonderen Maß für meinen weiteren Werdegang begeistert und geprägt.

Bevor wir zum eigentlichen Thema des Interviews kommen: was war in ihrer Laufbahn der Fall der Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben ist?

Am meisten in Erinnerung geblieben ist mir die fachliche Kompetenz meines ehemaligen Chefarztes, der mich in meiner Weiterbildung zum Lungenfacharzt begleitet hat. Die Anwesenheit während einer Organentnahme zählt auch zu den Dingen, die man nicht so schnell vergisst.
Schon lange Zeit mit dem Virus beschäftigt
Nun aber zu Corona. Das Virus ist seit mehreren Monaten omnipräsent und kein Tag vergeht ohne neue Meldungen zu diesem Thema. Wie haben Sie diese Zeit erlebt, sowohl in der Perspektive des Facharztes als auch vom nichtmedizinischen Punkt gesehen?

Ich habe mich schon lange mit dem Virus auseinandergesetzt, noch bevor dieses in ganz Deutschland zum Gesprächsthema wurde. Die täglichen Abläufe in der Praxis, so wie sie im Normalfall sind, haben sich mit dem Virus entsprechend der vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen geändert. Der Lockdown hatte mich nicht stark getroffen, da mein Alltag als Arzt im Grunde nach wie vor weiterlief.

Gab es in den vergangenen Monaten in Ihrer Praxis einen Patienten, der nachweislich an Corona erkrankt bzw. gestorben ist und der in diesem Kontext über Beschwerden der Atemwege (Trockener Husten, Halsschmerzen, Kurzatmigkeit oder Schmerzen/Druckgefühl im Brustbereich) zum Zeitpunkt der Erkrankung oder auch noch in der Folgezeit geklagt hatte?

Bei mir sind an Corona akut erkrankte Patienten nicht vorstellig gewesen, da eine entsprechende Infrastruktur mit telefonischer Kontaktaufnahme und entsprechenden Anlaufstellen bereits etabliert war.

Die betroffenen Patienten waren nicht bei mir, sondern im ambulanten Behandlungszentrum am St. Martinus Hospital in Olpe. Zu mir wurden die Patienten geschickt, die nach überstandener Corona Infektion Beschwerden hatten. Mit Todesfällen bin ich deshalb auch direkt selber nicht konfrontiert worden.
Die Maske wirkt einer Infektion entgegen
Die Maske ist zum Symbol des Coronavirus geworden. Die Pflicht zum Tragen dieser in Geschäften und wo der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann ist von der Politik verordnet worden. Was ist ihre Meinung zum Thema Maskenpflicht und kann eine gewöhnliche Maske, die die meisten Menschen tragen, überhaupt die Atemwege vor dem Coronavirus schützen?

Die Maskenpflicht ist eine geeignete Methode der Ausbreitung der Corona Infektion entgegenzuwirken. Jeder sollte zum eigenen Schutz und zum Schutz seiner Umgebung die Maske tragen.

Auch die selbst genähten Community Masken sind sehr hilfreich, einen Schutz vor Infektion mit dem Coronavirus zu bieten, da sie eine mechanische Barriere für die Ausbreitung der in Tröpfchen und Aerosolen enthaltenen Viren darstellen.

Viele Menschen müssen aufgrund Ihres Berufs stundenlang die Maske tragen. Kann es durch langfristiges Tragen von Masken und dem Einatmen der ständig gleichen Luft zu dauerhaften Lungenschäden kommen?

Das langfristige Tragen schädigt die Lunge nicht. Die ausgeatmete Luft belastet die Lunge nicht. Dauerhafte Lungenschäden sind bei Berufsgruppen, die Masken tragen müssen, nicht nachweisbar.
Infektionsgeschehen abwarten
In NRW ist die Schule wieder losgegangen. Die Kinder ab der 5. Klasse müssen Mund- und Nasenschutz tragen, auch in der Klasse und auf dem Schulhof. Finden Sie das Ganze verhältnismäßig und den Kindern zumutbar, zu mal von Kindern eine sehr geringe Ansteckungsgefahr ausgeht?

Ich denke, man sollte erstmal bis zum 31. August abwarten und beobachten, wie sich die Situation bzw. die Infektionsrate der Schüler und in den Schulen entwickelt. Das Tragen von Mund- und Nasenschutz in den Schulen ist für die Kinder zumutbar.

Ob das auch in Zukunft weiterhin verhältnismäßig ist, wird die Entwicklung zeigen. Die geringe Ansteckungsrate der Kinder ist aus den Datenerhebungen aus den skandinavischen Ländern zu entnehmen. Man sollte das Infektionsgeschehen in Deutschland abwarten und nicht zu stark den Blick auf diese Länder richten.

Welche Rückschlüsse können Sie aus dem letzten halben Jahr für das nächste halbe Jahr ziehen und was erwarten und wünschen Sie sich für die Zukunft in der C-Frage?

Rückschlüsse aus dem letzten halben Jahr sind, dass Schutzmaßnahmen die Grundlage für die Eindämmung der Virusausbreitung darstellen. Das hat sich in den stetigen Abnahmen der Infektionszahlen in vielen Ländern gezeigt. Basis der Schutzmaßnahmen bleiben weiterhin der Mund- und Nasenschutz, der Mindestabstand sowie die Hygienemaßnahmen.

Ich erwarte und wünsche mir, dass die täglichen Neuinfektionen weiterhin rückläufig sind und gegen null gehen. Sicherlich ist die Einführung eines Impfstoffes mit lebenslanger Immunität sehr erstrebenswert.
Artikel teilen: