4.400 Kilometer in 17 Tagen – per Tourenrad bis ans Ende der Welt

Ricarda Schneider startet Abenteuer auf zwei Rädern


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Voller Vorfreude startete Ricarda Schneider in Turin zum Abenteuer ihres Lebens. von privat
Voller Vorfreude startete Ricarda Schneider in Turin zum Abenteuer ihres Lebens. © privat

Oberveischede/Bad Aibling. Zusammen mit rund 250 Bikern aus mehr als 40 Ländern – unter ihnen nur wenige Frauen – hatte Ricarda Schneider nur das eine Ziel: sich ihren großen Traum zu erfüllen und von Turin in Italien aus den nördlichsten Punkt Europas per Rad zu erobern. In 17 Tagen legte die gebürtige Oberveischederin unglaubliche 4.400 Kilometer bis zum Nordkap zurück – ein Abenteuer auf zwei Rädern.


„NorthCape4000“ heißt das Radsport-Event, für das sich alljährlich mehrere hundert Teilnehmer anmelden, um sich einer Herausforderung zu stellen, die ein riesiges Maß an mentaler Stärke, Selbstüberwindung und Ausdauer erfordert. Physisch und emotional anspruchsvoll ab dem ersten Kilometer.

Teilnehmer gänzlich auf sich gestellt

Obwohl Ricarda Schneider, die mittlerweile in Bad Aibling in Bayern wohnt, als erfahrene Bikerin eingestuft werden kann, besteht bei diesem Rennen eine Besonderheit: Es ist ein „unsupported“ Radrennen. Das bedeutet, dass alle Teilnehmer auf sich gestellt sind.

Es gibt keine Begleitfahrzeuge, keine gebuchten Unterkünfte oder Verpflegungsstationen und auch bei einer Panne ist man auf sich gestellt. Überwacht werden die Radsportler per GPS.

Zum Glück entdeckt die 34-Jährige schon in der Anmeldeliste einen Namen, der ihr durch Kontakte in einem Bikerforum bekannt ist: Valerie Ivanov, ein in London lebender Bulgare.

„Berge sind kein größeres Problem“

Gemeinsam mit Valerie startet Ricarda von Turin in Italien, zunächst im Pulk mit anderen Startern. Ihre Oberveischeder Eltern, Albert und Brigitte Schneider, sind froh, ihre Tochter nicht alleine auf der Strecke zu wissen. „Danach war ich ein wenig beruhigter, denn auch Valerie schien ein erfahrener und vertrauenswürdiger Biker zu sein“, erzählt Mutter Brigitte.

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Ricarda Schneider radelte von Turin bis zum Nordkap.

„Die Berge waren für mich kein größeres Problem“, berichtet Ricarda, „denn ich habe meine Wahlheimat in Bayern und schon viele Höhenmeter auf dem Fahrrad hinter mich gebracht.“ Der höchste Pass ist der große St. Bernhard mit 2.473 Höhenmetern. Anstrengend, aber machbar.

Zwischenstopp im Münsterland

Am sechsten Tag trifft sich die Familie noch einmal im Münsterland. Dank GPS weiß Albert Schneider immer genau, wo sich seine Tochter befindet und wann sie wo ankommen.

Auf einem Supermarkt-Parkplatz in Nottuln packt Brigitte Schneider ihre mitgebrachten Leckereien aus dem Kofferraum und versorgt die beiden Rennfahrer mit ausreichend Kalorien. Auch einige Mittelchen gegen Wundsein und kleinere Verletzungen sind Mitbringsel, die in dem zweistündigen Treffen getauscht werden.

Länger kann der Zwischenstopp nicht sein, denn es gilt, täglich im Schnitt 260 Kilometer zu erstrampeln, wenn sie in dem vorgegebenen Zeitfenster ihr Ziel erreichen wollen.

„Meinen ersten mentalen Tiefpunkt erreichte ich in Paris“, verrät Ricarda. Ausgerechnet dort übermannt sie das Gefühl, dem Stress durch vielspurige Straßen ohne Radwege und dem hektischen Verkehr nicht gewachsen zu sein und die Tränen fließen.

Mit dem Fahrrad durch den Großstadt-Verkehr

„Einen Wechsel von der äußeren Fahrspur zur vorgegebenen Abbiegespur unfallfrei zu überstehen, war purer Horror.“ Da kommt ihr dann die Erfahrung von Valerie zugute, der Stadtradeln aus London gewohnt ist und sie zum Checkpoint durch Paris lotst.

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Ricarda Schneider radelte von Turin bis zum Nordkap.

„In Paris haben wir aus Zeitmangel ein paar Stunden unter einer Überdachung am Rathaus genächtigt, bevor es wieder auf die Strecke ging“, erinnert sich die junge Frau. So misslich die Ankunft in Paris auch war, die Weiterfahrt ist malerisch schön. „Auf einem Radweg entlang der Seine und alle bekannten Bauwerke der Innenstadt bekamen wir zu sehen“, schwärmt sie.

Beeindruckende Gastfreundschaft

Und noch etwas bringt Ricarda Schneider ins Schwärmen: Die unglaubliche Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft in allen zehn Ländern, die sie durchkreuzen. Überall wird ihnen Essen und Trinken angeboten, denn mancherorts sind die Radsportler mit ihren Startnummern am Sattelgebäck und ihren Schildmützen schon bekannt. „Diese offene Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft war beeindruckend.“

Noch einige Kilometer bis zum großen Ziel, zum Nordkap... Den zweiten Teil der Abenteuerreise von Ricarda Schneider lest ihr am Freitag, 18. August, bei LokalPlus.

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