Kinder im Steuerrecht - ein vielfältiges und unterschätztes Themengebiet

Möglichkeiten, Kosten steuerlich geltend zu machen


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Steuerberatungs- und Prüfungsassistent Björn Wiederspahn von privat
Steuerberatungs- und Prüfungsassistent Björn Wiederspahn © privat

Kreis Olpe. Das Familienleben gestaltet sich auf vielfältige Weise. Familien stehen daher oftmals komplexen rechtlichen Fragestellungen gegenüber. Die Rolle der Kinder im Steuerrecht ist hierbei ein wichtiges, jedoch oftmals unterschätztes Themengebiet. Dieses bietet Eltern zahlreiche Möglichkeiten, Kosten, die für ein Kind bis zur finanziellen Selbständigkeit entstehen, steuerlich geltend zu machen und damit zu reduzieren. Nachfolgend sollen wesentliche Aspekte und Fragestellungen des Zusammenspiels von Kindern und Steuerrecht dargestellt werden.


Wer gilt als Kind im Sinne des Einkommensteuergesetzes?

1. Kindschaftsverhältnis

Als Kind im Sinne des Einkommensteuergesetzes gelten die im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandten Kinder. Unterschieden wird hierbei zwischen leiblichen Kindern, Adoptivkindern sowie Pflegekindern.

Ein Adoptivkind ist hierbei dem leiblichen Kind im Steuerrecht gleichgestellt. Das Verhältnis eines Kindes zu den Adoptiveltern wird hierbei immer vorrangig vor den leiblichen Eltern behandelt. Ob das Kind in einem ehelichen oder nicht ehelichen Rahmen aufwächst, hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die steuerliche Beurteilung des Kindschaftsverhältnisses zu beiden Elternteilen.

Symbolfoto von © Oksana Kuzmina - Fotolia.com
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Pflegekinder sind ebenfalls als Kinder im steuerlichen Sinne zu berücksichtigen. Abzuzielen ist hier nicht auf die rechtliche, sondern vielmehr auf die tatsächliche Situation durch eine langfristige und familienähnliche Aufnahme des Kindes in den Haushalt.

Stiefkinder gelten jedoch nicht als Kinder im steuerlichen Sinne, folglich können für diese auch keine Kosten geltend gemacht werden.

2. Kindesalter und Tätigkeit des Kindes

Ob ein Kind im Sinne des Steuerrechts berücksichtigungsfähig ist, hängt im Wesentlichen von dem Alter und der Tätigkeit des Nachwuchses ab.

Grundlegend gilt steuerlich das Monatsprinzip, das heißt das Kind wird von dem Geburtsmonat bis zum 18. Geburtstag berücksichtigt. Kinder ab dem 18. Geburtstag werden steuerlich nur noch unter gewissen Bedingungen berücksichtigt: Bis zum 21. Geburtstag etwa dann, wenn sie nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen und bei der Arbeitsagentur als arbeitssuchend gemeldet sind. Bis zum 25. Geburtstag ist die Kindesvoraussetzung steuerlich erfüllt, wenn das Kind sich in einer Berufsausbildung (inklusive Studium) befindet, eine Berufsausbildung mangels Angebot (noch) nicht beginnen oder fortsetzen kann oder einen Freiwilligendienst leistet.

Symbolfoto von pixabay.com
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Kinder, bei denen eine Behinderung vor dem 25. Geburtstag eingetreten ist und die nicht im Stande sind, sich selbst zu versorgen, gelten ohne Altersbegrenzung als Kind im Sinne des Steuerrechts.

Der Gesetzgeber hat zudem eine Übergangszeit von maximal vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten, etwa zwischen Schulabschluss und Beginn des Studiums, eingeräumt. In dieser Zeit gilt der steuerliche Kindesstatus fort.

Erste und zweite Ausbildung

Bei der oben gennannten Berufsausbildung erfolgt im Steuerrecht eine Unterscheidung zwischen erster und zweiter Berufsausbildung. Nach abgeschlossener Erstausbildung ist ein Kind steuerlich zwischen dem 18. und 25. Geburtstag nur noch zu berücksichtigen, wenn es keiner Erwerbstätigkeit, nur einer geringfügigen Erwerbstätigkeit unter 20 Stunden in der Woche, einer weiteren Berufsausbildung oder einer geringfügigen Beschäftigung nachgeht.

Da in der Vergangenheit zahlreiche Gerichtsurteile zu dem Thema Berufsausbildung gesprochen wurden, würde eine detaillierte Auseinandersetzung hiermit einen eigenen Themenkomplex darstellen.

Die dargestellten Kriterien sind im Übrigen auch maßgeblich für die Prüfung des Anspruchs auf Kindergeld.

Welche Frei- oder Entlastungsbeträge für Kinder sieht das Steuerrecht vor?

Der Kinderfreibetrag ist der wohl bekannteste Freibetrag. Dieser bezeichnet zum einen den Freibetrag, der das Existenzminimum des Kindes bei der Besteuerung der Eltern steuerfrei stellt. Dieser beträgt für das Jahr 2022 5.620 Euro und ab 2023 6.024 Euro. Zum anderen wird ein Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf gewährt (seit 2021 2.928 Euro).

Ein Anspruch auf die Freibeträge besteht vom Geburtsmonat des Kindes an, solange wie auch ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Bei der Berechnung der Einkommensteuer wird die Steuerersparnis durch den Kinderfreibetrag mit der Höhe des monatlich ausgezahlten Kindergelds verglichen und der höhere Betrag berücksichtigt (sog. Günstigerprüfung).

Symbolfoto von Pixabay.com
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Darüber hinaus kann für ein volljähriges Kind, das sich in einer Schul- und Berufsausbildung befindet, für das ein Anspruch auf Kindergeldbezug besteht und das auswärtig untergebracht ist, ein Ausbildungsfreibetrag in Anspruch genommen werden. Für diesen „Sonderbedarf“ kommt in 2022 auf Antrag ein Freibetrag in Höhe von 924 Euro zum Abzug. Für 2023 wurde dieser auf 1.200 Euro erhöht.

Grundsätzlich steht jedem Elternteil steuerlich die Hälfte der dargestellten Freibeträge zu. Eine Übertragung der Freibeträge auf den anderen Elternteil, einen Stiefelternteil oder auf einen Großelternteil ist mit Zustimmung und unter gewissen Voraussetzungen auch ohne Zustimmung möglich, beispielsweise wenn ein Elternteil seinen Unterhaltspflichten nicht oder nicht ausreichend nachkommt.

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Neben den genannten Freibeträgen haben Alleinerziehende einen Anspruch auf einen Entlastungsbetrag. Dieser beträgt für das Jahr 2022 4.008 Euro und für 2023 4.260 Euro. Für jedes weitere Kind erhöht sich der Betrag um 240 Euro. Hiermit soll die kostenintensivere Haushaltsführung von alleinstehenden Alleinerziehenden steuerlich gewürdigt werden.

Voraussetzung für die Gewährung ist das Zusammenleben mit dem Kind in einem Haushalt und ein Anspruch auf Kindergeld. Zudem darf keine weitere volljährige Person Teil dieser Haushaltgemeinschaft sein. Ausgenommen hiervon sind weitere volljährige Kinder, für die Anspruch auf Kindergeld besteht, und erwachsene Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine.

Symbolfoto von Pixabay.com
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Auch bei den genannten Frei- und Entlastungsbeträgen gilt das Monatsprinzip, das heißt, wenn unterjährig die Voraussetzungen erfüllt sind, gewährt der Fiskus den Betrag monatsgenau.

Eine Berücksichtigung der Freibeträge im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens gewährleistet, dass Familien bereits unterjährig von Steuereinsparungen profitieren können.

Welche Kosten im Zusammenhang mit meinen Kindern kann ich steuerlich geltend machen?

Ein Abzug von Kosten im Zusammenhang mit Kindern als Betriebsausgabe oder Werbungskosten scheidet nach dem derzeitigen Rechtsstand aus. Demgegenüber können zahlreiche Kosten im Bereich der Sonderausgaben und der außergewöhnlichen Belastungen geltend gemacht werden.

1. Sonderausgaben

Die von einem Elternteil für die Kinder getragenen Beiträge zu der Kranken- und Pflegeversicherung können grundsätzlich als eigene Beiträge des Elternteils berücksichtigt werden.

Ebenfalls können Kinderbetreuungskosten angesetzt werden, etwa für die Betreuung in einer Einrichtung oder für die Betreuung durch eine Pflegeperson im eigenen oder einem anderen Haushalt. Voraussetzungen hierfür sind, dass das Kind dem Haushalt zugehörig ist, ein Anspruch auf Kindergeld besteht und das Kind noch nicht den 14. Geburtstag gefeiert hat.

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Bei einem Kind mit Behinderung existiert für die Abzugsfähigkeit keine Altersbegrenzung, sofern die Behinderung vor dem 25. Geburtstag eingetreten ist. Die Kosten sind zu zwei Drittel und maximal mit jährlich 4.000 Euro pro Kind berücksichtigungsfähig. Bei Betreuungskosten, die sich aufgrund der Höchstbetragsregelung steuerlich nicht auswirken, kann ein Ansatz als haushaltsnahe Dienstleistungen in Betracht kommen.

Darüber hinaus werden Entgelte, die für den Schulbesuch anfallen, zu maximal 30 Prozent und mit jährlich höchstens 5.000 Euro je Kind steuerlich anerkannt. Das Kind, für das ein Anspruch auf Kindergeld besteht, muss hierfür eine Schule im EU/EWR-Raum oder eine deutsche Schule im Ausland besuchen. Nicht begünstigt sind zum Beispiel Kosten für die Beherbergung, Betreuung oder Verpflegung.

2. Außergewöhnliche Belastungen

Kosten für den Unterhalt oder die Berufsausbildung eines unterhaltsberechtigtes Kind können immer dann als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden, wenn kein Anspruch auf Kindergeld besteht und das unterhaltene Kind nur über ein geringes Vermögen (15.500 Euro) verfügt. Der Höchstbetrag liegt in 2022 bei 10.347 Euro und in 2023 bei 10.908 Euro.

Hat das Kind eigene jährliche Einkünfte und Bezüge über einem Betrag von 624 Euro, vermindert sich der abzugsfähige Höchstbetrag anteilig. Ein Ansatz der Aufwendungen für die Ausbildung eines Kindes als Unterhaltsleistungen kommt also insbesondere immer dann infrage, wenn der oben erläuterte Ausbildungsfreibetrag ausscheidet, weil die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung nicht erfüllt sind.

Symbolfoto Rollstuhl, Behinderung von Pixabay.com
Symbolfoto Rollstuhl, Behinderung © Pixabay.com

Daneben besteht die Möglichkeit, Aufwendungen, die bei der Bewältigung des täglichen Lebens mit einem behinderten Kind entstehen, entweder in tatsächlicher Höhe oder mittels Behinderten-Pauschbetrag steuermindernd zu erfassen. Der Pauschbetrag steht rechtlich dem Kind zu, kann jedoch auf Antrag auf die Eltern übertragen werden. Die Höhe ist je nach Behinderungsgrad seit 2021 unverändert auf zwischen 384 Euro und 2.840 Euro festgelegt.

Neben dem Behinderten-Pauschbetrag können Eltern behinderter Kinder anstelle der tatsächlichen Aufwendungen auch einen Pflege-Pauschbetrag geltend machen. Dieser beträgt je nach Pflegegrad seit 2021 unverändert zwischen 600 Euro und 1.800 Euro. Behinderten- und Pflege-Pauschbeträge sind Jahresbeträge und werden auch dann in voller Höhe abzogen, wenn die Voraussetzungen nicht während des gesamten Jahres vorgelegen haben.

Fazit

Die Möglichkeiten der steuerlichen Berücksichtigung von Kosten im Zusammenhang mit Kindern sind vielfältig. Aufgrund verschiedenster gesetzlicher Voraussetzungen muss oftmals eine fallbezogene Betrachtung erfolgen. Für eine individuelle Beratung stehen wir Ihnen daher gerne zur Verfügung.

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